Montag, 18. Februar 2008

Philip Roth

Unglaublich, aber wahr: Eines Tages hatte sich Schlamm, der erfolglose Schriftsteller, in den Penis seines weltberühmten Kollegen Philip Roth verwandelt! Schlamm las gerade Roths letztes Buch, und an der Stelle, wo Mark Portnoyowitsch den BH seiner Mutter verspeist und gleichzeitig mit seinem gewaltigen Samenstrahl die Schabattkerzen auslöscht, bekam Schlamm zuerst einen gigantischen Ständer – und kurz darauf fand er sich selbst als Erektion in der Unterhose des grossen Philip Roth wieder.

Philip Roth lief in dem Moment ratlos in seinem Studio in Neuengland auf und ab. Er hatte schon dreiundfünfzig Seiten seines neuen Romans – Arbeitstitel „Fellatio praecox“ – geschrieben, auf denen er siebenmal Hawthorne, achtmal Ralph Waldo Emerson und einundsechzigmal sich selbst zitiert hatte. Er hatte längst die sechziger Jahre abgehandelt, hatte Portnoyowitsch wie immer auf Urlaub in die Catskills geschickt und dort beinahe an einem Lachsbagel ersticken lassen, und danach musste der arme Portnoyowitsch auch noch im Krankenhaus in den Spiegel schauen und erschreckt feststellen, dass er wie Anne Frank mit Schnurbart aussah. In anderen Worten, alles lief nach Plan, nur dass dem grossen Philip Roth noch keine von diesen spektakulären Sexszenen eingefallen war, nach denen seine Leser und Kritiker so süchtig waren.
In seiner Verzweiflung beschloss der frustrierte Sexmagier, sich erst einmal kurz selbst zu befriedigen, um den Druck in seinem Kopf zu lösen. Eine Errektion hatte er, wie gesagt, sowieso schon, doch kaum legt er los, sprach die Erektion mit Schlamms Stimme zu ihm.

„Aua, Mr. Roth“, fuhr Schlamm ihn wütend an, „geht’s nicht ein bisschen zarter?!“
Der grosse Philip Roth erschrak, natürlich überhaupt nicht. Im Gegenteil, er hörte sofort wieder auf, sprang an den Schreibtisch und begann mit dem Satz „Aua, Mr. Portnoyowitsch, geht’s nicht ein bisschen härter?!“ jenes Kapitel in seinen Laptop zu hacken, das ihn endgültig weltberühmt machen sollte.

Vier Jahre später – der grosse Philip Roth und sein sprechender Penis waren inzwischen Freunde geworden – standen beide gemeinsam in Stockholm und liessen sich vom schwedischen König die Nobelpreisurkunde überreichen. Die Stimmung im Saal war gut, aber skandinavisch verhalten. Doch als Philip Roth am Schluss seiner Rede ausser seinen Eltern, Spinoza, und Groucho Marx besonders seinem sprechenden Penis für die Inspiration dankte, begann das Publikum vor Begeisterung zu toben. Also öffnete Philip Roth seine Hose, und Schlamm und er sangen gemeinsam für ihre Fans a cappella „Bajss mich a bissele“ von den Barry Sisters.

- Maxim Biller (Moralische Geschichten) -


PS: Danke an unsere Sekretärin Rösi fürs abtippen.

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